Vitamine für die Organisation

Mit einem gesunden Frühstück startet es sich gleich besser in den Tag. So ein kleiner Vitaminschub boostet die Energie und die Leistungsfähigkeit und sorgt dafür, dass wir auch einen stressigen Tag besser überstehen. Wenn wir gestärkt sind, sind auch unsere Abwehrkräfte auf Zack. Angriffe auf’s Immunsystem stecken wir ebenso besser weg, wie unangenehme Erlebnisse oder Misserfolge.

In einer Organisation ist die Innovationskultur das „Organ“, das sich um den Umgang mit Neuem, der Erschaffung von Neuem und der Anpassung an neue Kontexte kümmert. In komplexen Umfeldern, wo agiles und produktives Denken gefragt sind, ist es also besonders wichtig, dass dieses Organ, die Innovationskultur, innere Kraft hat. Resilient ist. Flexibel und stark zugleich.

Innovationskultur auf allen drei Ebenen fördern

Wenn über die Innovationsfähigkeit von Organisationen nachgedacht wird, konzentrieren wir uns oft auf die Fähigkeit der Menschen, kreativ zu sein. Diese Fähigkeiten werden mit Kreativitätstechniken und Workshops gefördert und es werden Themen und Fragestellungen auserkoren, zu denen dringend innovativ gedacht werden soll. Die Ermöglichung des Ideengenerierens wird fokussiert und MitarbeiterInnen, die außerhalb der konventionellen Grenzen denken, wird gehuldigt. Doch wenn man etwas genauer hinschaut, dann stellt man häufig fest, dass diese Innovationskultur nicht tief genug reicht. Auf den oberflächlichen Ebenen, bei den Artefakten und expliziten Werten („Organisationskultur“ E. Schein), wird Innovation gewünscht und gestärkt. Und das ist auch wichtig. Ohne die manifestierten Strukturen und Methoden, die produktives Denken fördern, kann Innovation nicht zuverlässig entstehen. Und ohne das explizite Bekenntnis, welche Werte einer Organisation Identität verleihen, und ohne Vision, die allen Beteiligten als Orientierung und Motivation dient, fehlen eben genau Identität und Orientierung.

Aber Kultur umfasst eben noch eine dritte Ebene: Die der impliziten Annahmen. Hierunter fallen Überzeugungen, Glaubenssätze und auch unausgesprochene Regeln des Umgangs miteinander. Diese sind häufig selbst den MitarbeiterInnen nicht bewusst, daher kann man ganz schwer den „Finger drauf legen“. Wenn diese impliziten Annahmen jedoch nicht zu den expliziten Werten und den Strukturen passen, oder sogar gegenläufig sind, schwächen sie die expliziten Werte. Und damit die Innovationskultur. In der „agilen Welt“ spricht man auch von Cargo Cult, wenn agile Praktiken ohne die zugrundeliegenden Werte und ein agiles Mindset angewendet werden. Wenn die agilen Prinzipien zwar „nachgeplappert“ aber nicht geglaubt werden.

Resilienz als Booster

Um eine gesündere Innovationskultur zu fördern, kann es helfen, zunächst einmal auf der Ebene der Artefakte und bei den expliziten Werten zu beginnen. Wenn in Organisationen Innovation aber dauerhaft gewünscht wird, müssen jedoch alte Annahmen über Kreativität und Veränderung baldmöglichst aufgelöst werden, sonst kann keine fundierte Innovationskultur entstehen. Die impliziten Annahmen bilden die Wurzeln für eine resiliente Innovationskultur, also einer Innovationskultur, die aus sich heraus stark ist und Herausforderungen einer sich wandelnden Situation gewachsen ist. Als Früchte einer gestärkten Innovationskultur wird dort innoviert, wo es effektiv ist und dann, wenn es nötig ist. Es wird proaktiv gehandelt, statt nur auf Veränderungen der Umwelt bzw. des Marktes zu reagieren (womöglich erst, wenn es schon zu spät ist). Ideen werden resilienter, womit die Wahrscheinlichkeit, dass Ideen mit großem Potenzial lange genug überleben, um gefördert zu werden. MitarbeiterInnen bilden ein agiles Mindset aus, übernehmen mehr Verantwortung und sind daran interessiert, sich weiterzuentwickeln. In einer resilienten Innovationskultur sind die Menschen glücklicher. Sie sind motivierter, leistungsfähiger und gehen wertschätzender miteinander um.

Alte Annahmen

Wenn Organisationen innovativer werden sollen, wird gerne einmal die Vision überarbeitet und es werden neue Unternehmenswerte „ausgerufen“. Und wenn man alten Gemäuern einen neuen Anstrich gibt, sehen sie auch erst einmal prima aus. Die Mauern unter der Farbe sind jedoch die gleichen und deren Stabilität hat sich durch den neuen Anstrich auch nicht geändert.

Die die altbewährten Annahmen lassen sich schwer durch ein neues Werte-Werbe-Plakat im Firmenflur entkräften. Dazu bedarf es vielmehr, dass sie identifiziert werden, hinterfragt und widerlegt werden, und dann die entstehende Lücke mit neuen Erfahrungen aufgefüllt werden, die sich dann als neue implizite Annahmen ansiedeln.

Und dieses Lückenfüllen geht nicht über Nacht. Es passiert Stückchen für Stückchen, mit einer kleinen Angewohnheit hier, und einer positiven Erfahrung dort. Vielleicht einem ernsthaften Dialog in einem Workshop oder aber einer erkenntnisreichen Unterhaltung in der Kaffeeküche. Und an manchen Stellen kann man mit kleinen Verhaltensänderungen die Entwicklung in die richtige Richtung steuern. Zum Beispiel mit einem anderen Umgang mit Kritik. Dazu mehr im Beitrag „Resilienz für Ideen