Agiles Arbeiten hilft nachhaltig zu motivieren

Nachdem es in gelangweilt genial  darum ging, wie wichtig Pausen sind und in Brekkies auf dem Schreibtisch darum, dass wir uns schwer tun, alte Gewohnheiten wie den Effizienz-Fanatismus abzulegen, wollen wir nun doch mal sehen, wie uns ein neues Mindset weiterhilft, die Motivation anzukurbeln.

Autonom motiviert hält besser

Wenn Sie alt genug sind, kennen Sie noch die Duracell Werbung mit dem kleinen Häschen. „Nur der Duracell Hase läuft und läuft und läuft…“. Vielleicht kennen Sie auch einen Menschen in ihrem Umfeld, der ähnlich drauf ist. Und in manchen Situationen fragen Sie sich „Was hat der, was ich nicht habe?“. Derjenige ist intrinsisch motiviert. Das bedeutet, die Person hat Spaß an dem, was sie da gerade tut. Sie hat (zumindest für dieses Thema) ein Agile Mindset. Sie tut es nicht für den Gehaltscheck, nicht weil ihre Chefin es ihr aufgetragen hat und erst recht nicht, weil sie sonst Ärger kriegt. Sondern einfach, weil die Tätigkeit an sich attraktiv ist. Oder die Person ist autonom motiviert, das ist genauso gut oder vielleicht sogar besser: die Tätigkeit und das Umfeld erfüllen die  eines ihrer Lieblingsmotive.1 Motive sind das, was uns antreibt. Motive sind wunderbare Katzenleckerlis. Die einen streben eher nach Macht, die anderen macht es glücklich, wenn sie ihrer Neugierde frönen dürfen. Letztendlich läuft es jedoch immer auf eine Schattierung der Erfüllung der drei psychologischen Grundbedürfnisse Selbstbestimmung, Kompetenz und Eingebundenheit hinaus, die uns motivieren. Klar, die Begriffe Motiv und Motivation lassen da schon einen gewissen Zusammenhang erahnen.

Wo entsteht die Motivation?

Und dennoch gibt es da Unterschiede. Bei der Motivation sollte man hingucken, wie sie entsteht: Besagte intrinsische Motivation erwächst aus dem Verhalten selbst, geht zeitlich damit einher und ist üblicherweise recht widerstandsfähig gegenüber Durststrecken. Dieser Spaß an der Freud’ wird auch interne Prozessmotivation genannt. Das Tun selbst ist attraktiv. Ein Mensch hat z.B. einfach Spaß daran, Ideen zu generieren. Oder Strategien zu entwickeln. Und selbst, wenn ihm beides nicht so gut gelingt, wird er es weiterhin tun, da er durch die Tätigkeit selbst motiviert ist, nicht durch das Ergebnis.

Stärkung des internen Selbstverständnisses

Verhalten kann auch autonom motiviert sein, wenn es das interne Selbstverständnis bestärkt. Mit anderen Worten: Wenn eine Tätigkeit zu meinen Werten und meinem Selbstbild passt, dann erfüllt mich die Ausübung mit Zufriedenheit. Eine Person versteht sich als sozial kompetent und gute Kommunikatorin. Sie hat somit Freude daran, einen Teambuilding Workshop zu initiieren und zu moderieren, denn sie findet es erfüllend, diese Fähigkeiten und Werte anzuwenden. Selbst wenn das Teambuilding nicht gänzlich glückt oder ihre Moderation noch verbessert werden kann, passte die Tätigkeit dennoch zu ihrem Selbstbild. Und sie wird motiviert sein, ihre diesbezüglichen Fähigkeiten einfach weiter zu entwickeln.

Extrinsische Motivation zielt auf Ergebnisse ab

Hingegen strebt die extrinsich gesteuerte Motivation entweder mittelbar Verhaltensergebnisse an oder zielt sogar „mittelbar zweiten Grades“ auf Konsequenzen der Verhaltensergebnisse ab. Diese extrinsische Motivation kann einen sogenannten Pull-Effekt haben und einen auch durch unliebsame Tätigkeiten hindurchziehen. Wenn jedoch das gewünschte Ergebnis zu oft ausbleibt, fällt diese extrinsische Motivation in sich zusammen. Das macht sie sehr unzuverlässig. Besonders in Zeiten des Wandels und für komplexe Aufgaben mit ungewissem Ausgang. So könnte ein junger Mitarbeiter einen Kreativitätsworkshop organisieren, da er sich Ideen für ein festgefahrenes Projekt verspricht. Und er vielleicht sogar hofft, dass ihm dieser Erfolg bei seinen Freunden Anerkennung beschert. Dann wird seine Motivation von dem Erfolg dieser Maßnahme abhängen. Und wenn seine Erwartungen enttäuscht werden, wird er vermutlich seine Energie in eine andere Richtung lenken.

Wenn wir uns die derzeit gängige Meinung zu Motiven anschauen, so geht man von drei Grundmotiven aus. Es wird zwischen dem Leistungsmotiv, dem Machtmotiv und dem Anschlussmotiv unterschieden.2

Die Kombination von Motiven und Motivation

Verhalten kann sich aus mehreren Motiven und Motivationen heraus speisen. Unser junger Mitarbeiter, der so bestrebt ist, im Job erfolgreich zu sein, organisiert den Workshop, obwohl er nicht so sehr viel von Kreativität hält. Er hat den Fokus auf dem Ergebnis des Verhaltens, mit welchem er sein Leistungsmotiv bedienen möchte. Gleichzeitig ist dieses Verhalten durch sein Anschlussmotiv motiviert, da er sich wünscht, durch den Projekterfolg in seiner Überflieger-Clique mitzuhalten (mit Fokus auf Konsequenzen der Verhaltensergebnisse gespeist aus einem Anschlussmotiv). Mittendrin merkt er, dass es ihm Zufriedenheit verschafft, etwas zu bewegen und maßgeblich zum Projekterfolg beizutragen (die Tätigkeit selbst erfüllt sein Machtmotiv).

Zusammenwirken von extrinsischer & intrinsischer Motivation

Soweit so gut. Aber was passiert, wenn ein Mensch intrinsisch motiviert die Ärmel hochkrempelt, um etwas zu tun und dann auf einmal ein extrinsischer Motivator daher kommt? Stellen wir uns zum Beispiel vor, dass eine Vertrieblerin tolle Kundenbeziehungen aufgebaut hat, weil sie ihre Kunden einfach mag und möchte, dass diese zufrieden sind. Und dass nun ihr Kundenstamm die besten Umsatzzahlen „bringt“. Und dann geht ihr Chef hin, und zahlt ihr für alle Produkte, die sie mehr als die Kollegen verkauft hat, einen Bonus. Wenn diese Belohnung einen informativen und wertschätzenden Charakter hat, ihr also als Rückmeldung dient „ich hab dich gesehen“ und „du warst deutlich besser, als die anderen“, dann kann das noch gut gehen. Aber sobald die Absicht durchscheint, die Vertrieblerin damit zu steuern, geht der Schuss nach hinten los. Denn dann arbeitet das gegen unser Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Wenn dann auch noch vermittelt wird, dass sie ihre liebgewonnenen Kunden stärker schröpfen sollte, um noch bessere Vertriebszahlen einzufahren, wird das mit ihrem Selbstverständnis als Kundenzufriedenmacherin kollidieren und ihre intrinsische Motivation untergraben. Vielleicht nicht sofort, aber mittelfristig. Kein Wunder, denn ihr wird ja auch quasi ihre Kompetenz abgesprochen, guten Vertrieb zu machen, wenn doch ihr Chef ihr erst „sagen muss“, wo die Reise hingehen sollte.

Und was ist mit Belohnung?

Sollte man dann gute Leistung gar nicht belohnen? Doch. Man muss nur genau schauen, wie! Zum Beispiel kann man eben den informativen Charakter von Rückmeldung oder Belohnung betonen. Der extrinsische Motivator kann als Überraschung kommen. Und im Idealfall verschönert er die Erbringung der Leistung selbst. Damit die Tätigkeit noch mehr Spaß macht. Unsere Star-Vertrieblerin hat Freude an intensiven Kundenbeziehungen – vielleicht erhöht man ihr den Spielraum, um diese Beziehungspflege zu gestalten. Dem oben erwähnten jungen Mann, der Karriereambitionen hat, könnte man mehr Verantwortung geben, anstatt ihm einen Projektbezogenen Bonus zu bezahlen.

Was sind die Motive der MitarbeiterInnen?

Am besten geht das natürlich, wenn man sich ein wenig damit beschäftigt, was die einzelnen MitarbeiterInnen so antreibt. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass eine Bestärkung des Kompetenzgefühls, eine angemessene Selbstbestimmung und emotionale Sicherheit immer auf das Konto „autonome Motivation“ einzahlen. Man kann eben nicht bei allen Jobs auf intrinsische Motivation setzen, da es natürlich unliebsame Tätigkeiten gibt, die Menschen einfach keine Freude machen. Dennoch kann man auch bei diesen Arbeiten darauf achten, dass sie möglichst so angereichert sind, dass zumindest ein Teil der Motivation aus der Tätigkeit selbst kommt. Oder eben aus der Erfüllung der drei psychologischen Grundbedürfnisse. Wertschätzung und Vertrauen im Team und von außen sind dabei ganz wichtige Elemente.

Agiles Arbeiten begünstigt autonome Motivation

Und damit wären wir auch wieder bei dem Agile Mindset. Dadurch, dass agiles Arbeiten z.B. die Verantwortung für das „Wie“ ins Team verlagert, werden alle drei Grundmotive angesprochen. Und sie werden durch das Arbeiten selbst bedient – eben autonom motiviert. Auch wird als erster agiler Wert typischerweise „people first“ aufgeführt. Nicht umsonst – denn nur wenn es den Menschen gut geht, können sie gut arbeiten. Darauf zahlen auch viele der agilen Prinzipien ein. Da gibt es viele spannende Zusammenhänge.

Und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass intrinsische und autonome Motivation die Kreativität erhöhen? Sowohl in punkto Qualität als auch in Quantität! Und gut für Intrapreneurship sind sie auch. Aber davon dann nächstes Mal mehr…


  1. Einen Trivial-Psychologischen Ansatz zu Motiven hat Steven Reiss beschrieben: Er hat aufgrund einer großen Befragung, bei der er mehr als 6000 Menschen von vier Kontinenten befragt hat, was ihre Sehnsüchte bzw. Bedürfnisse seien, 16 Lebensmotive erarbeitet. Das Ergebnis findet sich in eben jener Skala, um die es in „Das Reiss Profil: Die 16 Lebensmotive. Welche Werte und Bedürfnisse unserem Verhalten zugrunde liegen.“ geht. Die 16 Motive haben eine hohe Augenscheinvalidität, das bedeutet, sie sind einleuchtend und eingängig, man findet sich in ihnen wieder und damit bieten sie eine schöne Grundlage, um darüber nachzudenken, was einen so motiviert und antreibt. Allerdings ist die gesamte Konstruktion des Fragebogens und der Erkenntnisweg zu genau diesen 16 Lebensmotiven wissenschaftlich fragwürdig. Außerdem ist die Interpretation der Motiv-Stärke, die durch den Fragebogen erfolgt, nicht fundiert. So hat z.B. laut Reiss jemand einen Hang zu pragmatischen Herangehensweisen, bloß weil sein Neugier-Motiv schwach ausgeprägt ist. Das kann so sein, muss aber nicht. Und wissenschaftlich bewiesen ist es noch lange nicht. Daher geht Dr. Joachim Siegbert Krug in seinem Artikel „Essen, Ehre und Sparen – ein Test soll 16 archaische Lebensmotive messen“ auch ziemlich hart mit dem Profil ins Gericht.
  2. laut einer Zusammenfassung inkl. der Grundmotive nach McClelland fasst das Leistungsmotiv alle Beweggründe zusammen, die in Richtung Erfolg, Fortschritt, Neugier, Kreativität und Abwechslung gehen. Dabei sind Menschen gleichzeitig bestrebt, nicht als unfähig, leistungsschwach, dumm, als Verlierer oder Versager dazustehen.
    Das Motiv „Macht“ oder Selbstbestimmung zielt auf Kontrolle, Dominanz, Einfluss, Kampf und Status ab. Der machtmotivierte Mensch befürchtet daher auch Kontrollverlust und Abhängigkeit. Er will nicht unwichtig oder unbedeutend sein.
    Unter dem Begriff „Anschlussmotiv“ lassen sich Anreize wie Dazugehören, Zuwendung, Freundschaft und Sicherheit einordnen. Hier wird es vermieden, sich isoliert, unbeliebt, ausgegrenzt und zurückgewiesen zu fühlen.